Zeitreise
Sagen Sie, haben Sie zu Hause auch so einen Heimtrainer? So einen, wo man sagt: 20 Kilometer am Morgen vertreibt Kummerspeck und Sorgen? Ja? Dann fahren Sie vorsichtig, die Dinger sind gefährlicher als Sie glauben. Besonders, wenn man von ihnen träumt Im Traum habe ich eine Reise zu den Ursprüngen gemacht, eine Zeitreise in die Vergangenheit. Ich wollte mal sehen, wie die Politik entstanden ist. Die darwinsche Vergangenheit hat mich dabei interessiert, die biblische war mir zu einfach, da war das Paradies schon das erste Scheitern des Kommunismus. Da hat alles allen gehört, und das ist in die Hose gegangen. Danach wurde es dann auch nicht besser.
Ich bin auf meine Zeitreisemaschine gestiegen, das ist mein Heimtrainer. Wenn man vorwärts tritt, gehts in die Zukunft, rückwärts zurück. Ich also 120.000 Jahre in die Vergangenheit. Da soll es in Afrika die ersten Menschen gegeben haben. Ich habe sie gesehen, den ersten Affen, der vom Baum gestiegen ist, und die erste Äffin auch.
Der Affe hat sich gedacht, ich lasse mich doch nicht von späteren Religionen zum Affen machen, ab jetzt bin ich ein Mensch, dann hat er sich ein Fell angezogen, weil im kalt war. Die Äffin ist ihm nach, wie es sich für eine anständige Frau gehört, und hat sich zwei Felle gesucht, weil sie ab und zu ihr Aussehen verändern wollte, um ihrem Alten zu gefallen.
Damit hat die Äffin schon mal bewiesen, dass sie ein Mensch ist.
Die nächsten 5.000 Jahre ist dann nichts weiter passiert, also bin ich wieder ein Stück in die Zukunft geradelt. Da haben sie in einer Höhle gelebt. Die Männer haben die Wände bemalt, die Frauen ihr Gesicht, und einer war der Chef.
Mit dem Chef kam Politik ins Spiel. Der Regierungswechsel lief da so: Der Chef sitzt mit einer Keule vor der Höhle. Dann kommt ein jüngerer Mann, auch mit einer Keule, und haut sie dem Chef auf den Kopf. Das war der erste Misstrauensantrag.
Der Chef steht auf und schlägt zurück, der Jüngere bleibt liegen. Die anderen umringen die beiden neugierig. Der Chef hebt die Keule und grunzt drohend. Das war die erste Vertrauensfrage.
Dann passiert eine Weile nichts, und dann ziehen sich die Männer zurück. Damit haben sie dem Chef das Vertrauen ausgesprochen. Ich habe schon gedacht, dass das nun alles war, aber dann kam eine Frau, nahm dem Chef die Keule aus der Hand und legte sie bei Seite.
Plötzlich schlich sich ein kleiner Drahtiger von hinten an und wollte die Keule greifen, aber die Frau war schneller, sprang auf, trat auf die Keule, dass der Drahtige sie nicht aufnehmen konnte und knurrte ihn an. Schmollend verzog er sich.
Sieh an, habe ich mir gedacht, so weit zurück reichen die Vorfahren von Merkel und Stoiber.
Übrigens hat dabei keiner ein Wort gesagt. Da kann man mal sehen, Politik geht ganz ohne Worte und ist auch viel effektiver. Der steinzeitliche Misstrauensantrag hat keine fünf Minuten gedauert. So lange braucht heutzutage der Oppositionsführer, bis er am Mikrofon ist.
Und dann redet der, weil er ja im Parlament ist.
Irgendwann in grauer Vergangenheit habe ich den nächsten Stop eingelegt. Da stehen sie vor ihrer Höhle und gestikulieren, und ich habe gehört, wie sie geredet haben. Da hatten sie die Spreche erfunden. Die Ware Wort nahm ihren Anfang
Jetzt sind sie nicht mehr gleich zum Jagen gegangen, sondern haben eine Besprechung abgehalten, wie man beim Jagen vorgehen sollte. Das hat dann bis abends gedauert, was zur Folge hatte, dass am nächsten Tag eine Besprechung abgehalten wurde, um zu klären, warum kein Fleisch da war. Das ist heute auch noch so. Bei Besprechungen bleibt die Arbeit liegen.
Die Steinzeitleute haben das aber in den Griff gekriegt. Zunehmender Hunger fördert ganz offensichtlich die Intelligenz. Über das Thema Jagen wurden dann Jahrtausende lang keine Besprechungen mehr durchgeführt.
Weil der Regierungswechsel aber immer noch mit einem Keulenschlag auf den Kopf des Chefs durchgeführt wurde, war er ziemlich schmerzhaft und oft tödlich. Deswegen kam ein Chef auf die Idee, diese Tradition abzuschaffen, und das musste er tun, solange er noch der Stärkste war. Er hat nämlich eines Tages behauptet, dass er blaues Blut hat und ab sofort von Adel ist. Also so eine Art Fred Graf von Feuerstein.
Wenn er dabei nicht der Stärkste gewesen wäre, hätten sie ihn angestochen und gemerkt, dass er lügt. So haben sie es aber glauben müssen, und er hat verlangt, dass er bis zu seinem Ableben Chef bleibt, dann übernimmt sein Sohn das Amt.
In manchen Teilen der Welt glaubt das Volk das immer noch. Wir sind aber drauf gekommen, dass das Blut auch bei Adelsleuten rot ist, deshalb war Kaiser Wilhelm ja auch der letzte, der regieren durfte.
Dann kam die Demokratisierung ein zweites Mal, statt Keulen nahm man Gewehre und Kanonen. Dann kam das Jahrhundert der Diktaturen und wieder eine Demokratisierung, dieses Mal mit Flugzeugen, Raketen und nuklearen Waffen.
Ich bin aber lieber vorher in die Gegenwart zurück gekommen, und eines habe ich mir fest vorgenommen: Einen Traum in Richtung Zukunft wird es bei mir nicht geben.
|